
Geschichtsunterricht mal anders... Unsere Praktikantinnen der Grand Hall ZOLLVEREIN® Zora Delija und Lena Weierhorst führten ein Interview mit dem ehemaligen Kokerei Steiger Herrn Peter Iwinski. Wir sind stolz darauf, dass wir uns bei Fragen zur Geschichte unserer tollen Location immer bei Herrn Iwinski melden dürfen.
Redaktion
Von wann bis wann war die Kokerei in Betrieb?
Steiger Iwinski
Bevor es die Kokerei gab, war hier alles Bauerngelände, das den Besitzern abgekauft wurde, um die Zeche und die Kokerei zu errichten.
Die Kokerei war für 32 Jahre in Betrieb. Vom 12. September 1961 bis zum 30. Juni 1993. Die Haupt-Förderanlage XII war von 1932 bis 1986 in Betrieb mit erstem Abteufen 1847.
Redaktion
Wie viele Angestellte gab es insgesamt?
Steiger Iwinski
Insgesamt auf der schwarzen und weißen Seite der Kokerei haben ca. 1.100 Menschen gearbeitet. Darunter Verwaltung, Steiger und die Vorarbeiter.
Redaktion
Und wie viele Angestellte gab es außerhalb der Kokerei auf Zollverein?
Steiger Iwinski
Das müssten ungefähr 3.500 Arbeiter gewesen sein. Also auf ganz Zollverein haben ca. 4.600 Menschen gearbeitet.
Hier in der Kokerei wurde in Schichten gearbeitet, da die Maschinen 24 Stunden am Tag laufen mussten. Von Montag bis Samstag hat man in 8 stündigen Schichten gearbeitet. Davon gab es drei pro Tag. In der Woche gingen die Schichten von 5:00 Uhr bis 13:00 Uhr, von 13.00 Uhr bis 21:00 Uhr und von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr. Sonntags gab es immer nur zwei Schichten die von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr und andersrum gingen.
Redaktion
Was genau war Ihr Job hier auf der Kokerei?
Steiger Iwinski
Ich, als Steiger musste dafür sorgen, dass die Arbeiter auf ihren Plätzen sind und ihre Arbeit richtig und gut machen. Außerdem musste ich bei Reparaturen einspringen und zusehen, dass alle Anlagen richtig laufen. Wenn man das Wort Steiger nicht kennt, ich war sowas wie ein Meister.
Redaktion
Wenn Sie jetzt hier durch diese alten Hallen laufen, fühlen Sie etwas Bestimmtes?
Steiger Iwinski
Erstmal muss ich sagen, dass ich nach der Stilllegung der Kokerei bei der Entsorgung mitgearbeitet habe. Das war bis zum 31. Dezember 1995. Danach bin ich nachts oft aufgewacht und wollte die Anlage wieder in Betrieb nehmen. Also das war schon nicht einfach für mich, da sich hier mein berufliches Leben abspielte. Ich habe so viele Erinnerungen an diesen Ort, die ich nie vergessen werde.
Da ich heute oft hier bin und auch Führungen gebe, gewöhne ich mich aber daran & das macht es einfacher.
Redaktion
Gibt es Erinnerungen an besondere Ereignisse zu dieser Zeit?
Steiger Iwinski
Ja, einmal ist ein Riss an der Kastenleitung vom Gasvorverdichter 3 entstanden. Da ist dann ein Funke rausgekommen und direkt an eine Deckenlampe geflogen. Dadurch entstand eine kleinere Explosion, bei der es drei Verletzte gab.
Ein anderes Mal hatten wir hier für acht Stunden keinen Strom, weil es in der Versorgungsleitung einen Kurzschluss gab, da ein Arbeiter da reingefallen ist. Und so ohne Strom war es ganz schön warm hier.
Redaktion
Was genau ist denn hier früher passiert?
Steiger Iwinski
Hier auf der weißen Seite wurde mit Gassaugern das Kokereigas, das bei der Umwandlung von Kohle in Koks entstanden ist, abgesaugt und von Kompressoren komprimiert/verdichtet, (7 x Gaskompressoren & 6 x Gassauger-Maschinen). Dabei wurden die Stoffe gereinigt und es entstand Rohgas. 45% davon wurden zurück in die Öfen zur Heizung geleitet und 55% wurden für Haushalte genutzt.
Redaktion
War Ihr Job denn ein körperlich harter Job?
Steiger Iwinski
Körperlich, nein. Aber man musste schon anständig den Kopf anstrengen. In meinem Beruf musste man alles wissen. Zum Beispiel musste ich ganz genau wissen was bei einer Störung zu tun ist und musste die Anlage zu 100% kennen. Außerdem musste ich wichtige Anweisungen geben.
Redaktion
Wie haben Sie denn erfahren, dass die Halle umgebaut wird?
Steiger Iwinski
Dadurch, dass ich Führungen gebe war ich immer mal wieder mit den Leuten hier in Kontakt und habe so irgendwann erfahren, was die hier machen. Ich habe mir mit meinen alten Kollegen auch während den Umbauten die Halle angeschaut und es hat uns gut gefallen.
Redaktion
Und wie fanden Sie das?
Steiger Iwinski
Am Anfang fand ich das nicht so gut, da ich dachte es wird ein Museum; aber jetzt gefällt es mir doch ganz gut, weil ja auch viele alte Elemente mit einbezogen wurden. Und es ist schön die Halle mal anders genutzt zu sehen & doch vielen Interessenten die zeigen zu können – zu Mal es eine neue Arbeitsstätte & attraktiver Veranstaltungsort ist.
Redaktion
Und wäre es Ihnen lieber gewesen, die Halle wäre ein Industriedenkmal gewesen?
Steiger Iwinski
Nein, das bringt ja nichts die ungenutzte Halle einfach stehen zu lassen. Ich finde das schon gut, dass sie weiterhin genutzt wird. Dadurch das einige Maschinen ja auch hier stehen gelassen wurden wird man ja immer noch erinnert, was hier mal war.
Allerdings hatte ich auch ein paar Ideen. Zum Beispiel hätte man die Räume Im Schalthaus auch als Übungsräume für Bands, oder andere Künstler benutzen können. Hier ist ja alles sehr Schalldicht & das kommt der neuen Nutzung für Events sehr zugute.
Redaktion
Gibt es am Ende noch etwas, was Ihnen sehr wichtig war, als sie hier gearbeitet haben?
Steiger Iwinski
Ja. Mitarbeiter mussten immer pünktlich sein. Also man musste schon so 20 bis 30 Minuten früher da sein, damit diejenigen die vorher in der Schicht waren einem erklären konnten, was vorher passiert ist.
In diesem Sinne ein herzliches Glück auf